Würde gerne eine Zeitreise-Talksendung sehen, in der ein Deutscher Sozialist aus dem Widerstand, eine jüdische Guerillakämpferin sowie Mitglieder der polnischen Exilarmee den Vulgärpazifismus einiger Zeitgenossen mal ausführlich auseinandernehmen. Ich meine - den Leuten ist schon klar, dass sie heute nur deshalb in Talkshows frei reden können weil andere mal für Werte wie Demokratie & Menschenrechte zur Waffe gegriffen haben?!
Vulgärpazifist, wer denkt sich denn sowas aus.
Ich finde die Einschätzung "Ich meine - den Leuten ist schon klar, dass sie heute nur deshalb in Talkshows frei reden können weil andere mal für Werte wie Demokratie & Menschenrechte zur Waffe gegriffen haben?!" ziemlich pauschalisierend. Um sowas zu sagen, müsste man erstmal den Lebensweg eines jedes einzelnen beleuchten. Ich denke, sie können auch deswegen in Talkshows sitzen, weil sich viele Männer von der Rolle des soldatischen Unterdrückers entledigt haben und deshalb in einer Gesellschaft leben, in der es halt nicht mehr darum geht, besonders hart zu sein. OK, war mal. Mittlerweile überall Rolle Rückwärts. Leider. Das heißt aber nicht, das man den stattgefunden Prozess einfach ignorieren kann oder das er nichts gebracht hat. Je mehr Männer sich von dieser Rolle befreien, umso besser sind die Chancen das ein Diktator kein ausreichendes Personal hat um sein Diktatur mit Waffengewalt durchzusetzen.
Zu sagen, jemand lebe nur, weil irgendwann mal jemand zur Waffe gegriffen hat... kommt mir irgendwie so vor, wie wenn jemand bei Trump sitzt und sich anhören muss, er solle dankbar sein.
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Und zu Guerilla: es fällt einfach leichter, Sympathie mit solchen Aktivisten zu haben: keine schwerste Bewaffnung, keine Uniform, Kräftemäßig dem Gegner eher unterlegen. Mir ist persönlich auch kein Pazifist/in bekannt, der/die gegen Partisanen oder Guerilla argumentiert hat, - so genau kenne ich mich da aber auch nicht aus. Sollte es da Beispiele für geben: gerne vortragen. Man sollte sich vielleicht auch mal vom Vorurteil verabschieden, das Pazifisten eine totalitäre Diktatur errichten möchten/wollten, die damit alle Bewegungen gegen den Faschismus unterdrücken wollten. Das ist eine sehr zugespitzte Form der Interpretation. Letztendlich muss es aber jeder für sich selber entscheiden und ich denke bei Pazifisten/innen ist es verbreitet, dass Sie davon überzeugt sind, dass man mit Mehrheiten viel erreichen kann. Das ist ja durchaus auch verbreitet bei Demokrat/innen allgemein.
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Aus Europäisch-Linker Sicht auch durchaus Verständlich, das der Gewalt immer mehr abgeschworen wurde. Diese hat Linken in Deutschland/Europa keine nennenswerte Erfolge gebracht, im Gegenteil, eher etwas kaputt gemacht... härtere Gesetze, davor keine Verhinderung des Hitler Fashismus etc. - von daher ist die Meinung das Gewalt nichts bringt evtl. auch speziell aus einer europäischen Linken Perspektive erwachsen. Nur eine Vermutung.
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Bekannte von mir haben die Belagerung von Sarajevo oder das Sinjar-Massaker überlebt. Eben weil jemand zur Waffe gegriffen hat.
Weiss jetzt nicht, warum du die jetzt in die "Rolle des soldatischen Unterdrückers" rückst.
Man kann halt durchaus für eine gewaltfreie, die Menschenwürde achtende Gesellschaft sein. Und trotzdem - oder gerade deswegen - sich dafür einsetzen, dass Gewaltopfern beigestanden wird. Zur Not auch mit Waffengewalt.
Elie Wiesel hat es imho auf den Punkt gebracht:
„Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“
Und ja, da finde ich einen "Pazifismus", der sich nur um das eigene Ego dreht, und dem die Opfer von Gewalt nicht nur reichlich egal sind, sondern sogar eine Politik fordert die tötet, durchaus als vulgär.
Stimmt soweit, in den meisten aktuellen Fällen ist aber Abrüstung und nicht Aufrüstung das Gebot der Stunde, um die Probleme zu lindern. Siehe z.B. Gaza. Die Deutschen Regierungen machen Waffendeals mit Israel anstatt den Gewaltopfern beizustehen, z.B. in dem Waffenlieferungen gedrosselt/eingestellt werden.
Oder was ist z.B. mit der Zurückholung von #MajaT - auch da waren Bewaffnete an der Verschleppung Schuld, aber es wird nichts unternommen um Sie zurückzuholen, obwohl dies politisch beauftragt wurde. Wenn Waffen so gut dagegen funktionieren, warum wurden Sie dafür noch nicht eingesetzt?
Die Ukraine hat doch nach dem Kalten Krieg massiv abgerüstet, siehe Budapester Memorandum.
https://de.wikipedia.org/wiki/Budapester_Memorandum
Auch konventionell, von 430k in 1992 zu 122k in 2013.
https://www.macrotrends.net/global-metrics/countries/UKR/ukraine/military-army-size
Und für keins der Nachbarländer war die Ukraine eine Bedrohung. Hat es was gebracht?
Was ist mit den Sicherheitsgarantien, die diese Entwicklung untermauern sollten?
Was soll man - als Pazifist oder auch nicht - von einem Vertrag halten, bei dem einem Land das Recht zugestanden wird, Atomwaffen zu haben? Nichts.
Wow. Das war glaub das erste Mal, dass ich mich in ner Diskussion wirklich alt gefühlt hab. Nicht auf ne "been there, done that" Art und Weise, sondern "kids these days".
Um es kurz zu machen: Selbst als ich noch für 100% Gewaltfreiheit war, und zivilen Widerstand à la Gandhi für die schwierige aber machbare Lösung für jeden Konflikt hielt, fand ich nukleare #Abrüstung mit gegenseitigem Vertrauen durch Kontrolle verdammt gut.
Fällt mir schwer deinen Standpunkt auszumachen.
"Weiss jetzt nicht, warum du die jetzt in die "Rolle des soldatischen Unterdrückers" rückst. "
Weil auch z.B. das Beispiel angeführt wurde, das Pazifisten nichts gegen Faschismus organisieren würden, oder eben nur Gewalt gegen Faschisten zählt.